Erstaunlich fehlerfrei: Lunchbox-Logistik in Mumbai

Warum interessieren sich Logistik- und Supply Chain Management-Experten der Automobilindustrie und des Online-Versandhandels für die Verteilung von Mittagessen in Mumbai? Die Frage ist berechtigt, und die Antwort lautet: Dabbawala.

Eine erstaunliche Lieferkette

Das ist die Berufsbezeichnung für rund 5.000 Zusteller, die in einer Genossenschaft organisiert sind. Täglich holen sie rund 200.000 Essen (in der indischen Variante des „Henkelmanns“) in Privathaushalten ab und liefern sie an den Arbeitsplatz des Auftraggebers. Dabei nutzen sie ein ausgeklügeltes und sehr kleinteiliges Netzwerk mit „Hubs“ in der gesamten 12-Millionen-Einwohner-Metropole. Unter freiem Himmel tauschen sie die Lunchboxen aus und bringen sie (meist per Fahrrad) zur nächsten Verteilstation. Nachmittags nehmen die Boxen den gleichen Weg zurück in die Haushalte.

Unglaublich niedrige Fehlerrate

Das Erstaunliche dabei: Das Ganze findet ohne IT-Backbone, ohne Software und ohne Sendungsverfolgung statt, mit ganz einfacher Kennzeichnung (einer handgemalten Kombination von Farbe, Ziffern und Buchstaben auf dem Deckel der Lunchboxen) und Verkehrsmitteln (Fahrrad, Nahverkehrszug). Und mit einer Präzision, die fast unglaublich ist. Wissenschaftler haben das Dabbawala-System untersucht und eine Quote von einer Falschlieferung auf 6 Millionen Auslieferungen ermittelt. Das heißt: In dreißig Arbeitstagen bekommt einer von 200.000 Abonnenten einmal kein Mittagessen. Das ist Six-Sigma-würdig!

Nicht unbedingt zur Nachahmung empfohlen

Das Konzept, seit mehr als hundert Jahren erprobt, ist natürlich nicht übertragbar auf die Supply Chains der europäischen Industrie und Logistik. Aber die Dabbawalas beweisen jeden Tag: Logistik kann, wenn sie perfekt organisiert ist, auch ohne große IT-technische Unterstützung funktionieren. Bei der Lunchbox-Verteilung funktioniert es sogar perfekt. Und das Beispiel aus Indien zeigt auch, wie viele faszinierende und überraschende Aspekte die Logistik immer wieder bietet.

 

Ein Film dazu (ab 10:00 min):

https://www.youtube.com/watch?v=a7bEkCdikRU

 

Und ein Vortrag (auf Englisch):

https://www.youtube.com/watch?v=N25inoCea24

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